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Einsatz von Ersatzbaustoffen: Was muss nach der Ersatzbaustoffverordnung beachtet werden?

Text: Daniel Rutte | Foto (Header): © Francesco Scatena – stock.adobe.com

Seit dem 01.08.2023 ist die Ersatzbaustoffverordnung (ErsatzbaustoffV, kurz EBV) in Kraft. Trotz einer Vorlaufzeit von zwei Jahren herrscht häufig Unsicherheit bei der Anwendung der neuen Vorschrift. In diesem Beitrag steht die nachfolgende Frage im Fokus: Was müssen Bauherren und Bauleiter bei Herstellung und Einsatz von Ersatzbaustoffen beachten?

Auszug aus:

Informationsdienst Bauleitung
Ausgabe MÄRZ 2024
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Seit dem 01.08.2023 ist die Ersatzbaustoffverordnung (ErsatzbaustoffV, kurz EBV) in Kraft. Trotz einer Vorlaufzeit von zwei Jahren herrscht häufig Unsicherheit bei der Anwendung der neuen Vorschrift. In diesem Beitrag steht die nachfolgende Frage im Fokus: Was müssen Bauherren und Bauleiter bei Herstellung und Einsatz von Ersatzbaustoffen beachten?

Mit Einführung der EBV ist der Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen erstmalig bundesweit einheitlich und verbindlich geregelt. In der EBV sind zum einen Kriterien für die Güteüberwachung der umwelttechnischen Merkmale der Ersatzbaustoffe festgelegt. Zum anderen enthält sie Vorgaben zum Einsatz von Ersatzbaustoffen am vorgesehenen Einsatzort sowie Anforderungen an die Dokumentation.

Damit ist auch klar: Ersatzbaustoffe dürfen nur noch gütegesichert in Verkehr gebracht werden. Das trifft auch auf Material zu, das auf der anfallenden Baustelle wieder eingesetzt werden soll. Sobald eine Aufbereitung stattfindet, d. h. ein Zerkleinern, Sortieren, Sieben o. Ä., ist eine Gütesicherung nach den Vorgaben der EBV erforderlich.

Die Verpflichtung zur Gütesicherung nach der EBV hat der Anlagenbetreiber. Diese kann nicht vertraglich auf den Bauherrn oder den Abfallerzeuger übertragen werden. Die Verpflichtung zum ordnungsgemäßen Einbau nach der EBV wiederum liegt beim Bauherrn bzw. Verwender, nicht beim Hersteller des Ersatzbaustoffs.

Seit dem 01.12.2023 ist auch die Übergangsfrist für bereits bestehende Anlagen abgelaufen, sodass der Aufbereiter über einen Eignungsnachweis für den hergestellten Baustoff inklusive einer positiven Betriebsbeurteilung verfügen muss. Dabei ist es unerheblich, ob der Aufbereiter eine festinstallierte Anlage auf einem Sammellagerplatz betreibt oder als beauftragter Lohnunternehmer im Auftrag des Bauherrn auf der Baustelle aufbereitet. Ohne Eignungsnachweis des Herstellers darf ein Ersatzbaustoff nicht verwendet werden.

 

Kein Einsatz ohne Gütesicherung

Zusätzlich zu einem gültigen Eignungsnachweis muss der Anlagenbetreiber eine aktive Güteüberwachung seiner Ersatzbaustoffe betreiben (siehe Abb. 1). In einer stationären Anlage ist das i. d. R. ein System aus werkseigener Produktionskontrolle und regelmäßiger Fremdüberwachung. Bei mobiler Aufbereitung auf der Baustelle ist bei jeder neuen Baumaßnahme mit einer Fremdüberwachung durch eine Überwachungsstelle, meist eine zugelassene RAP-Stra-15-Prüfstelle, zu beginnen. RAP-Stra-15 steht dabei für „Richtlinien für die Anerkennung von Prüfstellen für Baustoffe und Baustoffgemische im Straßenbau“ (Ausgabe 2015).

Im Rahmen der Güteüberwachung wird der hergestellte Ersatzbaustoff beprobt und anhand der in der EBV festgelegten Materialwerte einer Einbauklasse zugewiesen. Für die Zuweisung des Baustoffs zur Einbauklasse ist der Hersteller, also der Anlagenbetreiber, verantwortlich. Für jede Einbauklasse enthält die EBV eine Einbautabelle, die für den Verwender festlegt, wie dieser Ersatzbaustoff eingesetzt werden darf. Derart gütegesichertes Material und die Verwendung nach der Einbautabelle erfordern keine wasserrechtliche Erlaubnis oder Zustimmung der zuständigen Behörde. Dies gilt für alle definierten Ersatzbaustoffe (siehe Tabelle 2).

Anforderungen an den Lieferschein

Damit der Verwender, also der Bauherr oder die von ihm beauftragte Baufirma, den Ersatzbaustoff korrekt einsetzen kann, muss der Lieferschein bestimmte Anforderungen erfüllen. Dazu findet sich im Anhang der EBV ein Musterlieferschein mit den erforderlichen Pflichtangaben.

Neben den allgemein üblichen Angaben auf einem Lieferschein sind für Ersatzbaustoffe noch folgende Angaben vorgeschrieben:

  • Hersteller und Beförderer des Ersatzbaustoffs
  • Einbauklasse nach EBV
  • Hinweis auf die Einhaltung von Fußnoten der entsprechenden Einbauklasse sowie
  • er Hinweis auf die Gütesicherung und den Fremdüberwacher, ggf. auf die Zertifizierung

Lieferscheine sind nicht nur durch den Anlagenbetreiber bei Anlieferung von Ersatzbaustoffen aus einer stationären Anlage zu erstellen, sondern auch vom mobilen Aufbereiter auf der Baustelle bei Übergabe des aufbereiteten Baustoffs an den Bauherrn. Die Anforderungen gelten hier gleicherweise.

Wird ein Gemisch aus verschiedenen mineralischen Ersatzbaustoffen geliefert, so ist jeder enthaltene Ersatzbaustoff anzugeben, einschließlich der Kurzbezeichnung, der Einbauklasse nach der EBV sowie der Anteil jedes Ersatzbaustoffs am Gemisch.

 

Einsatz im technischen Bauwerk

Die ErsatzbaustoffV definiert 17 verschiedene Einbauweisen für Ersatzbaustoffe und legt in den Einbautabellen fest, welcher Ersatzbaustoff bei entsprechenden Grundwasserdeckschichten eingesetzt werden kann. Darüber hinaus gibt es spezielle Einbautabellen für Bauweisen der Bahn.

Davon unbeachtet sind die bautechnischen Anforderungen an den Baustoff. Eine aussagefähige Gütesicherung muss daher immer auch die bautechnische Untersuchung und Beurteilung des Ersatzbaustoffs umfassen (siehe § 4 Abs. 4 EBV). Nur dann ist sichergestellt, dass der Baustoff nicht nur umwelttechnisch gefahrlos eingesetzt wird, sondern auch bautechnisch den an ihn gestellten Anforderungen im Bauwerk entspricht.

Da die bautechnischen Anforderungen für Ersatzbaustoffe hauptsächlich durch die Regelwerke der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) festgelegt werden, hat die FGSV die Einbautabellen der EBV mit den Einbauweisen der Regelwerke wie z. B. TL BuB E-StB und TL SoB-StB zusammengefasst, um eine einfachere Zuordnung zu ermöglichen. Diese Zusammenfassung findet sich in den „Richtlinien für die umweltverträgliche Anwendung von mineralischen Ersatzbaustoffen im Straßenbau (RuA-StB 23)“.

 

Vorgehensweise beim Einsatz von Ersatzbaustoffen

Der Einsatz von Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken wird anhand von vier Kriterien definiert, die i. d. R. für jede Baustelle vorliegen oder auf einfache Weise bestimmt werden können:

  • Lage des Einbauortes in oder außerhalb eines Wasserschutzgebiets,
  • zu erwartender Höchstgrundwasserstand,
  • Hauptbodenart der Schichten über dem Grundwasser sowie
  • geplante Einbauweise des Ersatzbaustoffs.

Im Folgenden werden diese Kriterien anhand einer schrittweisen Betrachtung in den Fokus gerückt.

Schritt 1: Lage des Einbauortes

Der Einsatz von Ersatzbaustoffen ist für Wasserschutzbereiche anders geregelt oder unter Umständen ganz untersagt. Für den Einbau in einem Wasserschutzbereich besteht darüber hinaus eine Anzeigepflicht. Es ist daher festzustellen, ob und wenn ja in welcher Kategorie Wasserschutzgebiet der geplante Einbauort des Ersatzbaustoffs liegt (siehe Abb. 4).

Schritt 2: Höchstgrundwasserstand

Für den korrekten Einbau von Ersatzbaustoffen ist die grundwasserfreie Sickerstrecke zu ermitteln. Das ist der Abstand von der Unterkante des eingebauten Ersatzbaustoffs zum höchsten zu erwartenden Grundwasserstand.

Die EBV kennt hier drei Einstufungen (siehe Abb. 5):

  • günstig (> 1,5 m)
  • ungünstig (ab 1,0 m bis 1,5 m)
  • ungünstig (ab 0,6 m bis 1,5 m)

Der zu erwartende Höchstgrundwasserstand kann i. d. R. dem Baugrundgutachten entnommen werden.

Tipp
Alternativ dürfen auch zur Verfügung gestellte Informationen der Länder wie aktuelle Kartensysteme, Behördenauskünfte u. Ä. verwendet werden, wenn sich der zu erwartende Höchstgrundwasserstand flurstücksgenau ermitteln lässt.

Schritt 3: Hauptbodenart

Für den Einbau ist außerdem die Bodenart der Grundwasserdeckschichten entscheidend, also der Bodenschichten, die zwischen dem höchsten zu erwartenden Grundwasserstand und der Unterkante des eingebauten Ersatzbaustoffs liegen. Die EBV unterscheidet hier nach Ton, Sand, Schluff und Lehm (siehe Abb. 6). Sofern diese Angabe nicht im Baugrundgutachten enthalten ist, kann sie entweder nach der „Bodenkundlichen Kartieranleitung“ (5. Auflage) ermittelt oder nach DIN 18196:2011-05 klassifiziert werden.

Schritt 4: Einbauweise

Die EBV regelt die umwelttechnischen Voraussetzungen für den Einbau in technischen Bauwerken wie z. B. Straßen, Wege, Parkplätze, Baustraßen, Schienenverkehrswege und befestigte Lager- und Stellflächen. Dazu legt sie 17 verschiedene Einbauweisen fest, wie Ersatzbaustoffe in diesen Bauwerken als gebundene und ungebundene Deckschichten, gebundene und ungebundene Tragschichten, Zuschlagstoffe, Damm- und Füllbaustoffe eingesetzt werden können (siehe Abb. 7). Es ist daher festzustellen, welcher Einbauweise nach der EBV der geplante Einsatzzweck entspricht.

In der Matrix der Einbautabelle der EBV lässt sich anhand des Plus- bzw. Minussymbols ablesen, ob der Ersatzbaustoff dieser Klasse für den geplanten Einsatz zugelassen ist (siehe Abb. 8). Unter Umständen werden für einige Einbauweisen besondere Anforderungen festgelegt, die in den Fußnoten der Tabellen zusammengefasst werden. Da die Einhaltung der Fußnoten aber auf dem Lieferschein vom Hersteller angegeben werden muss, lässt sich hier eine Zuordnung sehr einfach vornehmen.

Bei dieser Vorgehensweise bedarf es keiner wasserrechtlichen Erlaubnis oder eines Antrags auf Zulassung durch die zuständige Behörde. Der Einbau ist rechtssicher. Eine wasserrechtliche Genehmigung ist nur noch für Einbauweisen und/oder Ersatzbaustoffe erforderlich, die nicht in der EBV geregelt sind. Gemische zweier oder mehrerer mineralischer Ersatzbaustoffe dürfen nur in Einbauweisen eingesetzt werden, die für jeden einzelnen enthaltenen Ersatzbaustoff erlaubt sind.

Anzeigepflichten

Für einige Ersatzbaustoffe wie z. B. Aschen und Schlacken sowie Recyclingbaustoffe und Bodenmaterialien der Kategorie 3 (RC-3, BM-F3, BG-F3) besteht eine Anzeigepflicht ab einer Einbaumenge von mindestens 250 m³ je Baumaßnahmen.

Ebenso muss der Einsatz von Ersatzbaustoffen in Wasserschutzbereichen vorab der zuständigen Behörde angezeigt werden. Dies muss spätestens vier Wochen vor dem geplanten Einbau schriftlich oder elektronisch geschehen. Es ist aber nicht erforderlich, die Zustimmung der Behörde abzuwarten, sondern der Ersatzbaustoff kann nach Ablauf der Frist eingebaut werden.

Für anzeigepflichtige Ersatzbaustoffe ist vonseiten der Behörde ein Kataster zu führen. Darum ist hier neben einer Anzeige vor dem Einbau noch eine abschließende Einbauanzeige erforderlich. Dies bedeutet, dass innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss des Einbaus der Behörde erneut der Einbauort, die Art und Einbauklasse des Ersatzbaustoffs und die tatsächliche eingebaute Menge anzuzeigen sind. Aber auch hier bedarf es keiner Genehmigung oder schriftlicher Zulassung des Einbaus durch die Behörde.

Dokumentationspflicht

Nicht nur die Behörde hat den Einbau bestimmter Ersatzbaustoffe zu erfassen. Jeder Bauherr, der Ersatzbaustoffe verwendet hat, ist verpflichtet, die Lieferscheine zu sammeln und mit einem Deckblatt zu versehen. Dabei ist es unerheblich, ob die Ersatzbaustoffe von einer Aufbereitungsanlage angeliefert oder vor Ort aus auf der Baustelle angefallenen mineralischen Abfällen hergestellt wurden.

Dieses Deckblatt ist ebenfalls als Muster im Anhang der EBV zu finden. Es muss u. a. folgende Angaben enthalten:

  • Bauherr und/oder Verwender, falls nicht identisch
  • eingebauter Ersatzbaustoff und Menge
  • Einbauklasse gemäß EBV
  • Einbauweise nach EBV
  • Ort des Einbaus (Adresse, Koordinaten
  • Lage inner- oder außerhalb eines Wasserschutzgebiets
  • zu erwartender Höchstgrundwasserstand
  • Höhe der Grundwasserdeckschicht
  • Bodenart der Grundwasserdeckschicht
  • Lageplan/Skizze

Mit den Angaben auf dem Deckblatt lässt sich jederzeit die korrekte Verwendung des Ersatzbaustoffs nachvollziehen. Das Deckblatt ist darum dauerhaft aufzubewahren.

Praktischerweise teilen sich in der Anlage 8 der EBV die Voranzeige, die Abschlussanzeige und das Deckblatt dasselbe Muster (siehe Abb. 9). Sofern also Anzeigepflicht und Deckblatt erforderlich sind, können die vorhandenen Daten übernommen bzw. die noch erforderlichen Angaben ergänzt werden.

Hinweis
Das Deckblatt ist zusammen mit den Lieferscheinen vom Grundstückseigentümer so lange aufzubewahren, wie der Ersatzbaustoff im Bauwerk eingebaut ist.

Bei einem späteren Ausbau des Ersatzbaustoffs kann dieser dann anhand dieses Deckblatts ohne erneute Aufbereitung und Gütesicherung wiederverwendet werden, sofern er durch die Nutzung keine Schadstoffe aufgenommen hat.

Zusammenfassung

Die EBV regelt den Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen rechtsverbindlich, aber auch rechtssicher.

Sofern eine Gütesicherung durchgeführt wird, können alle 16 Ersatzbaustoffe ohne großen Bürokratieaufwand umweltverträglich und ressourcenschonend eingesetzt werden. Der Einbau kann unter Verwendung der Einbautabellen und der vier Anwendungsschritte ohne weitere wasserrechtliche Erlaubnis vorgenommen werden.

Die Anzeige- und Dokumentationspflichten wurden durch einen Musterbogen für alle Zwecke praxisgerecht gestaltet. Natürlich ist die EBV nicht die einzige Rechtsvorschrift, die es zu beachten gilt. Darüber hinaus gibt es auch Einsatzmöglichkeiten für Sekundärbaustoffe, die von der EBV ausgenommen sind und für deren Einsatz andere Regelwerke gelten.

Es empfiehlt sich daher für Bauherren und Bauleiter, auf Ersatzbaustoffe mit einem etablierten Gütezeichen und damit zertifizierter Gütesicherung, wie z. B. das bundesweite QUBA-Siegel oder die Zertifizierungen der regionalen Überwachungsvereine, zurückzugreifen.

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