SICHERHEIT, GESUNDHEIT & UMWELT

Umgang mit gefährlichen Abfällen am Bau

Text: S. Johannsen | Foto (Header): © Animaflora PicsStock – stock.adobe.com

Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) unterscheidet entsprechend der europäischen Systematik zwischen gefährlichen Abfällen, die besonders überwacht werden, und nicht gefährlichen Abfällen.

Auszug aus:

Der Bauleiter
Ausgabe November 2021
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Gefährliche Abfälle („Sonderabfälle“) fallen bei Abbruch- und Sanierungsarbeiten, insbesondere bei Gebäuden aus den 1960er-Jahren bis etwa Ende der 1990er-Jahre oder mit Blick auf die Nutzungshistorie, z. B. Tankstellen, chemische Reinigungen, auch als Altlasten in Böden an. Dabei kann es sich bspw. um asbesthaltige Materialien, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), „alte“ künstliche Mineralwolle (KMF), Hexabromcyclododecan (HBCD) ≥ 30.000 mg/kg oder Polychlorierte Biphenyle (PCB) handeln.

 

Umgang mit Abfällen

Bauherren im Zusammenwirken mit ausführenden entsprechend qualifizierten Fachfirmen sind deshalb verpflichtet, möglicherweise anfallende gefährliche Abfälle im Rahmen einer umfassenden aktuellen fachkundigen Schadstoffermittlung (Ermittlungspflicht) inklusive Abfallentsorgungskonzept als mitgeltende Unterlage zur Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung in Art und Umfang zu ermitteln, zu bewerten, geeignete Schutzmaßnahmen wie arbeitsmedizinische Vorsorge festzulegen und zu veranlassen sowie nachweislich vor dem möglichst zerstörungsfreien Ausbau anhand von Betriebsanweisungen Unterweisungen vorzunehmen und entsprechende persönliche Schutzausrüstung bereitzustellen.

Bei krebserregenden Stoffen wie Asbest, KMF, PAK etc. ist zudem ein personenbezogenes Expositionsverzeichnis zu führen. Der Umgang mit diesen Stoffen ist für werdende Mütter und Jugendliche verboten. Für einige Stoffe, insbesondere Asbest, besteht eine Anzeigepflicht mit Angabe der sachkundigen Person an das örtlich zuständige Gewerbeaufsichtsamt sowie die zuständige Berufsgenossenschaft mindestens sieben Tage vor Beginn des Umgangs. Bei der Berufsgenossenschaft sind auch Arbeiten in kontaminierten Bereichen (Stoffe u. a. PAK, PCB) ca. 14 Tage vorher anzeigepflichtig. Angemessene  Waschgelegenheiten zur Hygiene sind einzuplanen.

Beim ermittelten Anfall gefährlicher Abfälle sollte für deren kontrollierten Umgang ein Koordinator nach Gefahrstoffverordnung arbeitgeberseitig schriftlich benannt und mit Weisungsbefugnis ausgestattet werden.

Die gefährlichen Abfälle sind vor dem totalen oder Teilabbruch auf der Baustelle mit geeignetem Werkzeug möglichst zerstörungsfrei auszubauen, staubminimierend und möglichst sortenrein zu trennen (Getrenntsammlungsgebot, ggf. Vermischungsverfahren in zugelassenen Anlagen) und zeitnah im Sinne des Umwelt- und Drittschutzes in reißfesten, verschlossenen und entsprechend gekennzeichneten Big Bags separat abzulegen.

Für jede Abfallart muss in der Regel ein Container vorgesehen werden. Gefährliche Abfälle sollten keinesfalls geworfen oder durch Schuttrutschen in offene Container fallen. Zur Staubbindung sind sie insbesondere mit Blick auf den Drittschutz vor und während der Demontage ausreichend mit Wasser zu befeuchten und umliegend, z. B. unter Gerüsten, auf geeignete Folien auszulegen oder (Folien-)Abschottungen vorzusehen.

Geprüfte und einwandfrei funktionierende Industriestaubsauger Klasse M bei KMF oder Klasse H/A bei Asbest, ggf. Freimessungen, sind zur Feinreinigung erforderlich. Gefüllte Staubsaugerbeutel sind ohne Staubfreisetzung zu wechseln, ordnungsgemäß zu verpacken und entsprechend Abfallschlüsselnummer der Entsorgung zuzuführen (Minimierungsgebot!).

Alle am Bau anfallenden Abfälle werden Bauabfälle genannt. Diese sollten auf der Baustelle an gut erreichbaren festgelegten Stellplätzen in geprüften, beschrifteten, ausreichend dimensionierten und verschließbaren, ggf. kranbaren Sammelbehältern in der Nähe des Abfallanfalls für die ordnungsgemäße fachkundige und zeitnahe Entsorgung abgelegt werden. In der Praxis werden häufig 5,5 m³- und 7 m³-Container oder Kleincontainer (1–2 m³) eingesetzt.

Sind gefährliche Abfälle mit nicht gefährlichen Abfällen vermischt, ist das ganze Abfallgemisch als gefährlicher Abfall zu entsorgen. Dieses Bild ergibt sich häufig bei unsachgemäßen Abbruch- und Sanierungsarbeiten, ggf. auch durch den Eintrag fremder Bauabfälle durch Dritte. Deshalb sollte die Baustelle immer durch einen verschließbaren Bauzaun gesichert und für das Zutrittsverbot Unbefugter entsprechend gekennzeichnet sein.

Gefährliche Abfälle im Sinne des § 48 Abs. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) sind Abfälle, die den Menschen und die Umwelt in besonderem Maß gefährden können, sind in der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) als solche mit einem sechsstelligen Abfallschlüssel eingestuft und mit einem Sternchen versehen und getrennt zu erfassen. Typische Bau- und Abbruchabfälle sind gemäß der AVV dem Abfallschlüssel 17 zugeordnet.

Die Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen (NachwV) regelt im Kern die formalisierte Überwachung und Dokumentation der Entsorgung gefährlicher Abfälle mittels der sog. Entsorgungsnachweise, Begleitscheine und Übernahmescheine.

 

Nachweise sind zu führen

Für gefährliche Abfälle besteht generell die Nachweispflicht und Austausch (§§ 49, 50 KrWG). Die Führung eines Nachweises zur ordnungsgemäßen Entsorgung gefährlicher Abfälle ist der zuständigen Behörde nachzuweisen.

Bauunternehmen sind somit nachweispflichtig, wenn sie im Sinne des § 50 KrWG Erzeuger, Besitzer, Sammler oder Beförderer von gefährlichen Abfällen sind. Die Nachweisführung muss mit dem elektronischen Abfallnachweisverfahren (eANV) mittels Entsorgungsnachweis und Begleitschein, ggf. Übernahmeschein erfolgen. Soweit der gefährliche Abfall über einen Einsammler mit einem gültigen Sammelentsorgungsnachweis entsorgt werden soll, können Übernahmescheine bei der Abgabe an den Einsammler, bis zu einer Menge von maximal 20 t je Abfallart und Jahr, verwendet werden.

Für den gewerbsmäßigen Transport (Beförderung) von gefährlichen Abfällen ist eine Erlaubnis nach § 54 KrWG oder ein gültiges Entsorgungsfachbetriebszertifikat und eine Anzeige gemäß § 53 KrWG für das Befördern der jeweiligen Abfallart an die örtlich zuständige Behörde erforderlich.

 

Beispiele für gefährliche Bau- und Abbruchabfälle

Abfallschlüssel (AS) gemäß AVV in Klammern

  • Dämmmaterial, das Asbest enthält [17 06 01*] (schwachgebundene Asbestabfälle), asbesthaltige Baustoffe [17 06 05*] (z. B. Asbestzementplatten, asbesthaltige Rohre). Asbesthaltige Abfälle sind in Deponien zu beseitigen. Die LAGA-Mitteilung 23 „Vollzugshilfe zur Entsorgung asbesthaltiger Abfälle“ ist ebenfalls zu beachten.
  • Anderes Dämmmaterial, das aus gefährlichen Stoffen besteht oder solche Stoffe enthält [1706 03*] (z. B. künstliche Mineralfasern, Ausnahme: nachweislich nicht „krebserzeugend“ nach Gefahrstoffrecht)
  • Bau- und Abbruchabfälle, die PCB enthalten [17 09 02*] (z. B. PCB-haltige Dichtungsmassen, PCB-haltige Bodenbeläge auf Harzbasis, PCBhaltige Isolierverglasungen, PCB-haltige Kondensatoren)
  • Bau- und Abbruchabfälle, die Quecksilber enthalten [17 09 01*], Leuchtstoffröhren und andere quecksilberhaltige Abfälle [20 01 21*]
  • Holzschutzmittel [03 02 01*–03 02 05*]
  • Farb- und Lackabfälle, die organische Lösemittel oder andere gefährliche Stoffe enthalten [08 01 11*]
  • Klebstoff- und Dichtungsmassenabfälle, die organische Lösemittel oder andere gefährliche Stoffe enthalten [08 04 09*]
  • Aufsaug- und Filtermaterialien, Wischtücher und Schutzkleidung, die durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind [15 02 02*]
  • Abfälle von Hydraulikölen [13 01 01*–13 01 13*]
  • Abfälle von Maschinen-, Getriebe- und Schmierölen [13 02 04*–13 02 08*]
  • Verpackungen, die Rückstände gefährlicher Stoffe enthalten oder durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind [15 01 10*] (z. B. mit Resten bereits genannter Abfälle)

Bei Unsicherheit sollten Sie sich frühzeitig an die Entsorgungsberatungsstellen der jeweiligen örtlich zuständigen Behörden wenden.

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