BAUTECHNIK

Bauwerkstrocknung im Neubau – Teil 2: Technische Trocknungsverfahren

Text: Prof. Dr.-Ing. Peter Schmidt | Foto (Header): © Robert Kneschke – stock.adobe.com

Nachdem im ersten Teil dieser Beitragsreihe (erschienen in der Juli-Ausgabe 2021 von „Der Bauleiter“) die Ursachen für Feuchtigkeit bei Neubauten sowie die Messverfahren erläutert wurden, befasst sich der vorliegende zweite Teil mit den technischen Verfahren für die Bauwerkstrocknung.

Auszug aus:

Der Bauleiter
Ausgabe September 2021
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Technische Trocknungsverfahren dienen zur Unterstützung der Trocknung von feuchten Bauteilen und Bauwerken. Sie werden eingesetzt, um den Trocknungsprozess mit technischen Mitteln und Geräten zu beschleunigen. Eine natürliche Trocknung feuchter Bauteile ohne technische Hilfsmittel, d.h., allein durch Verdunstung der in den Bauteilen enthaltenen überschüssigen Feuchte an die Umgebungsluft, kann je nach Klimabedingungen recht lange dauern bzw. bei ungünstigen Bedingungen, d.h. bei einer hohen relativen Luftfeuchte, auch unmöglich sein. Vor dem Hintergrund der heute üblichen kurzen Bauzeiten sind daher technische Trocknungsverfahren in den meisten Fällen erforderlich.

Physikalische Grundlagen des Trocknungsprozesses

Bei der Trocknung wird überschüssige Feuchte in den Bauteilen an die Umgebungsluft abgegeben. Ziel der Trocknung ist es, die Ausgleichsfeuchte in den Bauteilen herzustellen. Damit ist derjenige Feuchtegehalt gemeint, der sich aufgrund der Klimabedingungen der Umgebung nach längerer Zeit einstellt. Wesentliche Voraussetzungen für eine schnelle und wirksame Trocknung von feuchten Bauteilen sind zum einen ein ausreichend großes Wasserdampfdruckgefälle zwischen den Kapillaren des feuchten Baustoffs und der Umgebungsluft und zum anderen die Schaffung der Voraussetzungen, dass der Wasserdampf aus dem Bauteil überhaupt hinaustransportiert werden kann. Wasserdampf, d. h. Wasser in gasförmigem Zustand, ist bestrebt, aus einem Bereich mit hoher Konzentration – dies entspricht einem hohen Wasserdampfpartialdruck – in einen Bereich mit niedriger Konzentration – entsprechend einem niedrigen Wasserdampfpartialdruck – zu wandern. Je größer das Wasserdampfdruckgefälle ist, desto mehr Wasserdampf wandert in einer bestimmten Zeiteinheit aus dem feuchten in den trockenen Bereich. In den Kapillaren eines feuchten Baustoffs herrscht ein hoher Wasserdampfpartialdruck bzw. Sättigungsdampfdruck, wenn die Luft dort vollständig mit Wasserdampf gesättigt ist. Hierbei ist zu beachten, dass der Sättigungsdampfdruck von der Lufttemperatur abhängig ist und mit dieser überproportional zunimmt. Warme Luft kann daher mehr Wasserdampf aufnehmen als kalte. Diese Gesetzmäßigkeit wird für die Trocknung von feuchten Bauteilen ausgenutzt. Zur Erzielung eines möglichst großen Dampfdruckgefälles zwischen dem Bauteil und der Umgebungsluft sollte einerseits die Bauteiltemperatur erhöht werden, damit der Sättigungsdampfdruck im Bauteil ansteigt und die erwärmte Luft in den Kapillaren weitere Feuchtigkeit aufnehmen kann. Andererseits sollte der Wasserdampfpartialdruck der Umgebungsluft (z.B. der Raumluft) möglichst niedrig sein, d.h., die relative Luftfeuchte sollte hier niedrige Werte annehmen. Dies kann erreicht werden, indem die Raumluft getrocknet wird, z.B. durch Heizen und Lüften oder mithilfe von Geräten (z.B. durch Raumluftentfeuchter). Es ist zu beachten, dass die relative Luftfeuchte i.d.R. nur bei der Raumluft beeinflusst, d.h. verringert werden kann. Dagegen ist die relative Luftfeuchte der Außenluft von der Außenlufttemperatur und den Witterungsbedingungen abhängig. Ein Abtransport der Feuchte aus Außenbauteilen kann daher nur zur Raumseite mit technischen Mitteln unterstützt werden. Bei erdberührten Bauteilen ist eine Trocknung nur zur Innenseite möglich. Neben der Voraussetzung eines ausreichenden Dampfdruckgefälles muss außerdem gewährleistet sein, dass der Wasserdampf auch aus dem Bauteil hinaustransportiert werden kann. Hierbei spielen die Wasserdampfdurchlässigkeit der verwendeten Baustoffe, der Aufbau der Bauteile sowie die Schichtenfolge eine entscheidende Rolle. Baustoffe mit einer geringen Wasserdampfdurchlässigkeit (wie z. B. Beton) behindern den Wasserdampftransport und benötigen daher eine längere Trocknungszeit als Baustoffe, die wasserdampfdurchlässig sind (wie z. B. Mineralfaserdämmstoff). Die Wasserdampfdurchlässigkeit von Baustoffen wird in der Bauphysik üblicherweise als Kehrwert in Form des Wasserdampfdiffusionswiderstands angegeben. Dabei wird der Widerstand gegenüber Wasserdampfdiffusion auf eine gleich dicke Luftschicht bezogen. Maßgebende Kenngröße ist die dimensionslose Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl μ, die den Widerstand eines Baustoffs gegenüber Wasserdampfdiffusion gegenüber einer gleich dicken Luftschicht angibt. Je größer die Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl ist desto größer ist der Widerstand gegenüber Wasserdampfdiffusion. Sind feuchte Bereiche in einem Bauteil durch Schichten mit einem großen Wasserdampfdiffusionswiderstand (z.B. PE-Folien) oder sogar durch dampfdichte Baustoffe (z.B. Aluminiumfolie) eingeschlossen, kann eine Trocknung nur erfolgen, wenn ausreichende Öffnungen vorgesehen werden, durch die der Wasserdampf ins Freie gelangt. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Trocknung feuchter Dämmschichten bei einem schwimmenden Estrich. Eine wirksame Trocknung ist nur möglich, wenn die Feuchtigkeit über die Randfugen oder weitere zusätzliche Öffnungen in der Estrichplatte entweichen kann, da die Wasserdampfdiffusion über den Estrich behindert wird. Für eine ausführliche Beschreibung der physikalischen Grundlagen des Feuchtetransports durch Wasserdampfdiffusion wird auf DIN 4108-3 [1] verwiesen. Bemessungswerte der Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl für Baustoffe sind in DIN 4108-4 [2] sowie DIN EN ISO 10456 [3] angegeben.

Übersicht über die verschiedenen Trocknungsverfahren

Indirekte Verfahren (Trocknung der Raumluft): Hierbei wird die Raumluft durch technische Maßnahmen (z. B. Raumluftentfeuchter) getrocknet. Aufgrund des dadurch entstehenden Wasserdampfdruckgefälles zwischen der Luft in den Kapillaren des feuchten Baustoffs und der trockeneren Raumluft wird Feuchtigkeit in Form von Wasserdampf aus den Bauteilen abgeführt.

Direkte Verfahren (Erwärmung des Bauteils oder Hohlraums): Hierbei wird das feuchte Bauteil so stark erwärmt, dass der Wasserdampfpartialdruck in den Kapillarporen ansteigt und sich ein Dampfdruckgefälle gegenüber der Raumluft einstellt. Dadurch wird Feuchtigkeit (Wasserdampf) aus den Bauteilen abtransportiert. Als Geräte zur Erwärmung des Bauteils werden beispielsweise Infrarotstrahler, Heizplatten oder Heizsonden eingesetzt. Zu den direkten Verfahren zählt auch die Trocknung von feuchten Hohlräumen, z.B. schwimmende Estriche, Installationsebenen und -kanäle, Innenbereiche von mehrschaligen Trockenbauwänden. Hierbei wird zuvor technisch getrocknete Luft in die Hohlräume eingeführt. Die in den Hohlräumen vorhandene Feuchte wird als Wasserdampf von der trockenen Luft aufgenommen und mit dieser aus dem Bauteil abtransportiert. Die Auswahl eines geeigneten Trocknungsverfahrens ist von den lokalen und baulichen Randbedingungen abhängig. Einflussparameter sind beispielsweise die Größe der zu trocknenden Bauteilfläche sowie das Raumvolumen. Auch die herrschenden Klimabedingungen wie Lufttemperatur und relative Luftfeuchte beeinflussen die Trocknungsleistung. Gegebenenfalls bietet es sich auch an, mehrere Verfahren kombiniert einzusetzen, um den Trocknungsprozess zu beschleunigen.

Trocknung von Massivbauteilen

Für die Trocknung von nass hergestellten Massivbauteilen in Neubauten, wie z. B. Mauerwerk, Mörtel, Estriche, Putze und Beton, können verschiedene Verfahren und Geräte eingesetzt werden.

Natürliche Trocknung: Die Trocknung feuchter Bauteile und Baustoffe kann grundsätzlich auch ohne technische Unterstützung durch verstärktes Heizen und intensives Lüften nach Fertigstellung des Gebäudes erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass die Trocknungsleistung stark vom Außenklima und damit von der Jahreszeit abhängig ist. Im Winter ist der Trocknungseffekt deutlich größer als im Sommer. Dies liegt daran, dass die Temperatur der Außenluft im Winter geringer ist und daher nur wenig Wasserdampf aufnehmen kann. Beim Lüften gelangt kalte Außenluft ins Gebäudeinnere und kann nach dem Aufheizen aufgrund der überproportional steigenden Sättigungsfeuchte zusätzliche Feuchtigkeit in Form von Wasserdampf aufnehmen. Durch erneutes Lüften wird diese Feuchtigkeit aus dem Gebäude ins Freie abtransportiert. Im Sommer ist die Trocknung durch Lüften dagegen weniger wirksam, da die Luft aufgrund der höheren Außenlufttemperaturen wesentlich mehr Wasserdampf enthält als im Winter. Beim Lüften wird die relativ warme und feuchte Luft ins Gebäude eingebracht und kann – wenn überhaupt – nur eine geringe Menge an Feuchtigkeit aufnehmen. Außerdem entfällt im Sommer bei entsprechend hohen Außenlufttemperaturen der Aufheizvorgang, sodass die Sättigungsmenge nicht gesteigert werden kann. Aus diesen Gründen ist eine wirksame und schnelle Trocknung nur mithilfe von Bautrocknungsgeräten möglich, die außerdem unabhängig von der Jahreszeit eingesetzt werden können.

Raumluft-Entfeuchter und Ventilatoren: Für die Trocknung von feuchten Bauteilen in Neubauten haben sich Raumluft-Entfeuchter in Kombination mit Ventilatoren bewährt. Als Raumluft-Entfeuchter kommen meist Kondenstrockner zum Einsatz, die der Raumluft Feuchtigkeit durch Kondensation entziehen. Außerdem sind für die Trocknung der Raumluft auch Adsorptionstrockner geeignet, die allerdings seltener eingesetzt werden. Zur besseren Umwälzung der Raumluft und der dadurch bedingten schnelleren Trocknung der Bauteile wird empfohlen, zusätzlich Ventilatoren aufzustellen. Die Trocknungsleistung ist auf die Abbindezeiten der Baustoffe abzustimmen, die unbedingt eingehalten werden müssen, um Schäden zu vermeiden. Kondenstrockner oder Kondensationstrockner entziehen der Raumluft Feuchtigkeit durch Kondensation. Hierzu wird die Luft mittels eines Gebläses bzw. Ventilators über einen Wärmetauscher geleitet, dessen Lamellen gekühlt werden (Kälteteil). An den kalten Lamellen kondensiert der in der feuchten Luft enthaltene Wasserdampf, d.h., es bildet sich Tau- bzw. Kondenswasser. Die Raumluft wird auf diese Weise getrocknet. Anschließend wird die trockene Luft durch die zusätzlich im Raum aufgestellten Ventilatoren wieder zu den feuchten Bauteiloberflächen geführt und kann dort neue Feuchtigkeit aufnehmen. Bei längerem Betrieb kann das Kälteteil allerdings vereisen, wodurch die Trocknungsleistung stark vermindert und der Stromverbrauch erhöht wird. Aus diesem Grund ist es erforderlich, das Eis in regelmäßigen Abständen abzutauen bzw. zu überprüfen, ob Eisbildung eingesetzt hat. Moderne Kondenstrockner verfügen daher über ein automatisches sensorgesteuertes Abtausystem, welches das Kälteteil mittels Warmluft enteist. Die beste Trocknungsleistung wird bei Temperaturen zwischen 15 und 25 °C erzielt. Bei geringeren oder höheren Temperaturen verringert sich der Wirkungsgrad. Kondenstrockner haben sich für die Bautrocknung sehr gut bewährt und werden daher bevorzugt für die Trocknung von Neubauten eingesetzt. Adsorptionstrockner nutzen die Fähigkeit von Salzen, Feuchtigkeit aus der Luft zu entziehen. Hierzu wird feuchte Raumluft über ein Sorptionsbauteil geleitet, dessen Lamellen mit hygroskopischen Salzen (meist Silicatgel oder Lithiumchlorid) beschichtet sind. Die Salze entziehen der Raumluft die Feuchtigkeit, und die auf diese Weise getrocknete Luft wird wieder dem Raum zugeführt. Damit ständig trockene Salze für die Entfeuchtung zur Verfügung stehen, wird das Sorptionsbauteil kontinuierlich gedreht, sodass die bereits mit Feuchte angereicherten Salze mit Heißluft wieder getrocknet werden können.

Mikrowellentrocknung: Bei der Mikrowellentrocknung werden die feuchten Bauteile mittels Mikrowellenstrahlung erwärmt. Hierdurch steigen Sättigungsfeuchte und Sättigungsdampfdruck in den Kapillaren des feuchten Baustoffs gegenüber dem Ausgangszustand an. Die in den Poren enthaltene Luft kann dadurch mehr Wasserdampf aufnehmen. Aufgrund des sich einstellenden größeren Dampfdruckgefälles gegenüber der Umgebung wird die Wasserdampfdiffusion aus dem Baustoff verstärkt. Voraussetzung für einen ungehinderten Abtransport der Feuchtigkeit ist eine diffusionsoffene Bauteiloberfläche. Ein wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass Baustoffe schnell erwärmt und dadurch in relativ kurzer Zeit getrocknet werden können, wobei einschränkend die Abbindezeiten zu beachten sind. Bei Baustoffen aus Gips ist zusätzlich zu beachten, dass Temperaturen über ca. 40°C vermieden werden müssen, um Schäden zu vermeiden. Demgegenüber ergibt sich als Nachteil, dass die elektromagnetische Strahlung für Menschen und andere Lebewesen gefährlich ist. Es sind daher entsprechende Schutzmaßnahmen erforderlich. Zum einen muss verhindert werden, dass die Strahlung Menschen gefährden kann. Zum anderen ist die Strahlung durch regelmäßige Messungen zu kontrollieren. Außerdem sind die gesetzlichen Regelungen (insbesondere Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit) zu beachten. Da die Strahlung auch die Funktion von medizinischen Geräten beeinträchtigt, dürfen sich beispielsweise Personen mit Herzschrittmacher nicht im Einflussbereich aufhalten. Sofern die Regelungen zum Gesundheitsschutz nicht eingehalten werden können oder sonstige Gefährdungen nicht auszuschließen sind, sollte dieses Verfahren nicht angewendet werden.

Thermische Trocknung durch Konvektionssonden: Bei diesem Verfahren wird erwärmte Luft über spezielle Sonden in das Bauteil eingeführt. Durch die Erwärmung des Bauteils verdunstet die Feuchtigkeit und wird mit der Luft wieder aus dem Bauteil abgeführt. Die Sonden werden in Bohrlöcher eingebracht, die vor Beginn der Trocknung im Bauteil vorzusehen sind. Außerdem sind freie Bohrlöcher ohne Sonden vorzusehen, über die feuchte Luft an die Umgebung abtransportiert wird. Dieses Verfahren eignet sich sehr gut für die lokale Trocknung feuchter poröser Bauteile wie z. B. Wände aus Mauerwerk. Der Vorteil besteht darin, dass eine schonende Erwärmung des Bauteils möglich ist. Nachteilig sind die Bohrlöcher, die nach erfolgter Trocknung wieder verschlossen werden müssen. Wirksamkeit und Geschwindigkeit des Trocknungsprozesses sind von der Temperatur der eingeführten Luft, dem Luftvolumenstrom und der Dicke des Bauteils abhängig.

Heizstäbe: Heizstäbe dienen zur Trocknung feuchter Bauteilbereiche. Sie werden in vorbereitete Bohrlöcher eingebracht und heizen die unmittelbar angrenzenden Bauteilbereiche auf. Der Abtransport der Feuchte erfolgt aufgrund des sich einstellenden höheren Dampfdruckgefälles. Dieses Verfahren eignet sich gut für die lokale Trocknung feuchter massiver Bauteile. Es wird empfohlen, nur temperaturgeregelte Heizstäbe zu verwenden, um Schäden an den Bauteilen zu vermeiden. Bei ungeregelten Heizstäben sind die Brandschutzvorschriften zu beachten.

Infrarotstrahler und Heizplatten: Mit Infrarotstrahlern oder Heizplatten wird die Bauteiloberfläche erwärmt. Dazu werden Infrarotstrahler vor das zu trocknende Bauteil gestellt, während Heizplatten direkt auf der Oberfläche angeordnet werden. Die weitere Erwärmung des Bauteils erfolgt durch Wärmeleitung. Wie bei den anderen Verfahren steigt durch die Erwärmung der Wasserdampfpartialdruck in den Poren an, und die Feuchtigkeit wird durch Diffusion aus dem Bauteil abtransportiert. Die Wirksamkeit dieses Verfahrens sowie die Trocknungszeit werden im Wesentlichen von der Wärmeleitfähigkeit und dem Wasserdampfdiffusionswiderstand der Baustoffe bestimmt. Es ist zu beachten, dass die oberflächennahen Schichten relativ schnell trocknen, während die Trocknung in größeren Bauteiltiefen je nach Wärmeleitfähigkeit des Baustoffs erheblich länger dauern kann. Die durch die unterschiedliche Temperaturverteilung zwischen Oberfläche und Bauteilinnern entstehenden Zwängungsspannungen dürfen nicht zu Schäden an den Bauteilen führen, d. h., es sind je nach Material zu große Temperaturunterschiede zu vermeiden. Infrarotstrahler oder Heizplatten sind gut geeignet, wenn nur einzelne Bauteile oder lokale feuchte Bereiche getrocknet werden sollen. Für die Trocknung kompletter Gebäude ist dieses Verfahren wegen des Aufwands und der Anzahl der aufzustellenden IR-Strahler bzw. Heizplatten nur bedingt geeignet. Außerdem beschränkt sich der Anwendungsbereich auf poröse Baustoffe und Bauteile, bei denen ein Abtransport der Feuchte bzw. des Wasserdampfs über die Kapillaren möglich ist. Für die Trocknung von porenarmen, dichten Baustoffen, wie z.B. Beton ist dieses Trocknungsverfahren weniger geeignet.

Trocknung von schwimmenden Estrichen

Für die Trocknung der Estrichplatte bei schwimmenden Estrichen eignen sich grundsätzlich die bereits beschriebenen Verfahren. Die Zeiten für Nutzungsbeginn und Belegreife sind zu beachten; z.B. beträgt die Belegreife von Zementestrichen 28 Tage. (Bei einer Estrichdicke von 5 cm; bei dickeren Estrichen sind mindestens 5 Tage/cm Mehrdicke hinzuzurechnen.) Nähere Angaben siehe DIN 18560-1 [5] und DIN 18560-2 [6] sowie [7]. Eine durchfeuchtete Dämmschicht kann hiermit allerdings nicht wirkungsvoll getrocknet werden. Stattdessen ist entweder das Überdruck-, Unterdruck- oder Schiebe-Zugverfahren anzuwenden [4].

Beim Überdruckverfahren wird trockene und erwärmte Luft über Öffnungen in der Estrichplatte (z. B. Kernbohrung) in die Dämmschicht gedrückt (Überdruck ca. 180 bis 300 mbar). Die Luft durchflutet die Dämmschicht bzw. deren Ränder und nimmt die Feuchtigkeit auf. An den Randfugen sowie gegebenenfalls zusätzlichen Öffnungen entweicht die mit Wasserdampf angereicherte Luft aus dem schwimmenden Estrich in den Raum. Dort wird die feuchte Luft mit Entfeuchtern wieder getrocknet und erwärmt. Dieser Kreislauf wird so lange fortgesetzt, bis die Ausgleichsfeuchte der Dämmschicht erreicht ist. Beim Unterdruckverfahren ist die Transportrichtung genau entgegengesetzt. Die feuchte Luft wird aus der Dämmschicht über vorbereitete Öffnungen abgesaugt, sodass in der Dämmschicht ein Unterdruck entsteht. Über die Randfugen und gegebenenfalls weitere vorhandene Öffnungen strömt erwärmte und getrocknete Raumluft nach, die die Feuchtigkeit aus der Dämmschicht aufnimmt. Für das Schiebe-Zugverfahren wird auf [4] verwiesen. Eine Trocknung der Dämmschicht bei schwimmenden Estrichen ist i.d.R. nur erforderlich, wenn Wasser durch eine Überflutung/Überschwemmung oder Havarie auf der Baustelle in die Dämmschicht eingedrungen ist. Bei einer fachgerechten Ausführung des Estrichs nach DIN 18560-1 [5] und DIN 18560-2 [6] braucht die Dämmschicht nicht separat getrocknet zu werden.

Trocknungszeiten

Die Trocknungszeiten sind von verschiedenen Parametern abhängig. Hierzu zählen die relative Luftfeuchte, die Lufttemperatur, die Bauteiltemperatur, der Feuchtegehalt der Bauteile bzw. Baustoffe und das Raumluftvolumen. Außerdem wird die Trocknungszeit vom Bauteilaufbau, der Schichtenfolge sowie dem Wasserdampfdiffusionswiderstand und der Wärmeleitfähigkeit der verwendeten Baustoffe beeinflusst. Die Trocknungszeit kann verkürzt werden, wenn folgende Maßnahmen durchgeführt werden:

  • Absaugen bzw. Aufnehmen von freiem Wasser
  • Abschottung der zu trocknenden Bauteile durch eine Folienzelle
  • Sicherstellung, dass die Bauteiloberflächen diffusionsoffen sind (ggf. sind diffusionshemmende Bekleidungen zu entfernen bzw. es sind Öffnungen vorzusehen).
  • Erzeugung einer Luftströmung auf der Oberfläche der zu trocknenden Bauteile zum konvektiven Abtransport der Feuchtigkeit durch Einsatz von Ventilatoren.
  • Die Entfeuchtungsleistung der Trocknungsgeräte muss im Verhältnis zur Fläche der zu trocknenden Bauteile und zum Raumluftvolumen stehen.

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